Keenly Preesents

Keenly Preesents

Prof. Matthias Leupold

 Prof. Matthias Leupold
   Fotograf & Filmemacher

 Prof. Matthias Leupold
   Fotograf & Filmemacher

 Prof. Matthias Leupold
   Fotograf & Filmemacher

 Prof. Matthias Leupold
   Fotograf & Filmemacher

 Prof. Matthias Leupold
   Fotograf & Filmemacher

 Berlin

 Berlin

 Berlin

 Berlin

 Berlin

 Chris Zabriskie, Doctor Turtle, Kai Engel

 Chris Zabriskie, Doctor Turtle, Kai Engel

 Chris Zabriskie, Doctor Turtle, Kai Engel

 Chris Zabriskie, Doctor Turtle, Kai Engel

 Chris Zabriskie, Doctor Turtle, Kai Engel

   Mario Gorniok (Interview, Kamera)
   Salomé Wagner (Kamera, Schnitt)
   Anne Görgner (Assistenz, Doku)
   

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   Mario Gorniok (Interview, Kamera)
   Salomé Wagner (Kamera, Schnitt)
   Anne Görgner (Assistenz, Doku)

   Mario Gorniok (Interv., Kamera)
   Salomé Wagner (Kam., Schnitt)
   Anne Görgner (Assistenz, Doku)

   Mario Gorniok (Interview, Kamera)
   Salomé Wagner (Kamera, Schnitt)
   Anne Görgner (Assistenz, Doku)

   Mario Gorniok (Interview, Kamera)
   Salomé Wagner (Kamera, Schnitt)
   Anne Görgner (Assistenz, Doku)

“Also, sie können Journalist werden, Herr Leupold, oder Fotograf.” Und da hab ich gesagt: “Ja, als Journalist muss ich ja nur schwindeln, also werd ich Fotograf.”

“Also, sie können Journalist werden, Herr Leupold, oder Fotograf.” Und da hab ich gesagt: “Ja, als Journalist muss ich ja nur schwindeln, also werd ich Fotograf.”

“Also, sie können Journalist werden, Herr Leupold, oder Fotograf.” Und da hab ich gesagt: “Ja, als Journalist muss ich ja nur schwindeln, also werd ich Fotograf.”

“Also, sie können Journalist werden, Herr Leupold, oder Fotograf.” Und da hab ich gesagt: “Ja, als Journalist muss ich ja nur schwindeln, also werd ich Fotograf.”

 

“Also, sie können Journalist werden, Herr Leupold, oder Fotograf.” Und da hab ich gesagt: “Ja, als Journalist muss ich ja nur schwindeln, also werd ich Fotograf.”

 

 

Matthias Leupold ist ein deutscher Fotograf und Filmemacher, er lebt und arbeitet in Berlin. Ein Großteil seines Schaffens widmet er der szenischen Fotografie und gibt uns einen Einblick in seinen Schaffensprozess.

Matthias Leupold ist ein deutscher Fotograf und Filmemacher, er lebt und arbeitet in Berlin. Ein Großteil seines Schaffens widmet er der szenischen Fotografie und gibt uns einen Einblick in seinen Schaffensprozess.

Matthias Leupold ist ein deutscher Fotograf und Filmemacher, er lebt und arbeitet in Berlin. Ein Großteil seines Schaffens widmet er der szenischen Fotografie und gibt uns einen Einblick in seinen Schaffensprozess.

Matthias Leupold ist ein deutscher Fotograf und Filmemacher, er lebt und arbeitet in Berlin. Ein Großteil seines Schaffens widmet er der szenischen Fotografie und gibt uns einen Einblick in seinen Schaffensprozess.

Matthias Leupold ist ein deutscher Fotograf und Filmemacher, er lebt und arbeitet in Berlin. Ein Großteil seines Schaffens widmet er der szenischen Fotografie und gibt uns einen Einblick in seinen Schaffensprozess.

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Mein Name ist Matthias Leupold. Bin geboren in Berlin Ost, 15 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Also jetzt merkt man erst mal wenn man 60 ist, wie dicht das eigentlich hinterher war. Eigentlich fast noch Nachkriegszeit. Dort bin ich dann einen normalen Lebensweg durchlaufen: Pionierorganisation, FDJ, GST - solche Sachen. Bin mehrfach verhaftet worden, dann Anfang der 80er, weil ich einen Freund ein bisschen gedeckt hatte, der in den Westen abhauen wollte. Wie auch immer.

Ich kenne Hohenschönhausen, die Stasi Gedenkstätte, als Gefängnis von innen, als Insasse. Hatte mich dann immer noch nicht entschließen können das Land zu wechseln, aber ‘86, nach mehreren Ausstellungsschließungen vom Bauhaus Dessau und auch in der Hochschule der Bildenden Künste Dresden, stand mein Entschluss fest meinen Freunden zu folgen und nach Westberlin zu gehen.

Seit 2007 habe ich eine Professur an der heutigen University of Applied Science, damals hieß sie noch Berliner Technische Kunsthochschule. Und ich habe diese Hochschule zusammen gegründet mit Grimmling, einem Maler, Khazaeli, einem Typograph und Designer, und einem Kaufmann: Claus Bennefeld.

Ich arbeite seit mehr als 30 Jahren an Fotoinszenierung, auch dokumentarischen Fotos, aber meist an freien Themen. Und habe 2012 im Zusammenhang mit dem Film “Lighter nach Orange” auch eine kleine Filmproduktion, die sich dem engagierten Dokumentarfilm widmet, gegründet: Leupold Film Production Berlin.

Wann war dir klar, dass du Fotograf werden willst?
Ja, zur Fotografie kam ich auf einem merkwürdigen Weg. Hab ja vorhin schon angedeutet, dass ich Anfang der 80er-Jahren für eine gewisse Zeit in Hohenschönhausen im Gefängnis war. Und da gabs dann die Situation: Ich war als Abiturient aus der Sicht der Obrigkeit verpflichtet ein Hochschulstudium zu ergreifen, und da ich ein Hilfsjob hatte, ich war Kraftfahrer in der Redaktion Sybille, einer in der DDR recht bekannten Kultur- und Modezeitschrift, hatte man mir dann vorgeschlagen, das Kollektiv würde sie vielleicht unterstützen.

“Also, sie können Journalist werden, Herr Leupold, oder Fotograf.” Und da hab ich gesagt: “Ja… als Journalist muss ich ja nur schwindeln, also werd ich Fotograf.” Also hatte ich nur die Wahl Fotograf zu werden. So bin ich zu dem Beruf gekommen.

Erinnerst du dich an dein erstes Erlebnis mit Fotografie?
Also irgendwie ist mir so das Szenische ein bisschen in die Wiege gelegt worden. Hier auf dem Foto, was mein Vater in meiner Kindheit geschossen hat, sieht man eine Äsop Fabel, die inszeniert wird mit dem Fuchs und dem Storch. Mit Krepppapier wurden im Garten am Wochenende, dann kleine Geschichten erzählt oder zu Geburtstagsfeiern und so weiter. Und das Foto ist über 50 Jahre alt. Bin ganz froh, dass mein Vater damals ein Dia gemacht hat, dass man überhaupt noch so ein Bild hat.

Ich hatte schon als Kind Zugriff zu den Kameras meines Vaters. Hab z. B. mal aus dem Fenster einen Unfall fotografiert, aus der vierten Etage, wo sich ein Trabant überschlug. Genau vor unserer Tür. Dach fiel ab. Der Fahrer fiel aus dem Auto raus, lag dann schreiend auf der Straße und ich hab dann aus der vierten Etage geknipst. Das war ein Erlebnis.

Dann gabs noch ein weiteres. Als ich in Haft war, wurde bei der Hausdurchsuchung ein Foto gefunden - bei mir, in der Gethsemanestraße 6, wo ich damals wohnte. Und dieses Foto zeigt einen nackten Hintern und auf diesem nackten Hintern war die Titelseite vom Neuen Deutschland, dem Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, also die führende Partei in der DDR. Und da stand drauf “20. Jahrestag des antifaschistischen Schutzwalls”. Da legten die mir das Foto vor und fragten: “Herr Leupold, ist das ihr Hintern?” Ich sag: “Nein, nein.” Gott sei Dank konnte man meine Brille nicht deutlich erkennen - war aber meiner. Das Verhör ging oft und lange. Ich lächle jetzt, aber damals hab ich Blut und Wasser geschwitzt. Da hab ich echt Angst gehabt. Aber später, als ich raus war, hab ich überlegt, wenn die so viel Zeit opfern rauszukriegen was hinter einem Foto steckt, dann muss ja auch eine Macht in so einem Foto stecken. Und das habe ich eigentlich dort im Gefängnis begriffen.

Dafür kann man auch solchen Schicksalsschlägen dann dankbar sein, sonst hätte ich das dann nie mit meinem eigenen Körper und meinem eigenen Empfinden wahrgenommen. Auch mit der Angst kann man Sachen verstehen, die man mit Reden nicht verstehen kann.

Weswegen befandest du dich damals in Haft?
Ich stand unter dem Verdacht, ein Drahtzieher zu sein für die Menschenhändler-Bande Fürch. Es gab mehrere, aber zwei große. Fürch war einer von den Großen aus Hamburg. Und mein Jugendfreund Jürgen Diener, der heute auch in Hamburg lebt, wollte zu seinem Bruder, der früher geflüchtet war über die Türkei mit dem Paddelboot, wollte mein Freund Jürgen das auch. Und ich hatte ihm bisschen Geld gegeben. Ich hab ihn mit dem Auto bis nach Bulgarien gefahren. Wir haben ein Schlauchboot zusammen gekauft, mit dem er dann bei Neumond paddeln wollte und so weiter. Das hat dann alles nicht geklappt, weil wir keine Paddel gekriegt haben in Bulgarien. Was eben alles dann passiert – die Story ist dann lang. Und am Ende ist er dann mit dieser Menschenhändler-Bande Fürch, bezahlt von seinem Bruder, 20.000 D-Mark, über die B5 nach Hamburg gefahren und in Zarretin ist er sozusagen rausgeholt worden. Heute wissen wir, dass der eigene Vater von Jürgen die Wohnung von ihm hatte abhören lassen. Der war in der Partei-Kontrollkommission ein hohes Tier, das heißt, alle Gespräche, die wir in seiner Wohnung führten, waren abgehört worden. Jürgen wurde dann gefragt: “Gibts Mitwisser?” Und da hatte er dann meinen Namen genannt, aber das wussten die dann sowieso, weil es abgehört war. Dadurch wurde ich verhaftet. In der Redaktion Sibylle kamen dann morgens Leute, haben mich mit verbundenen Augen erst mal in die Magdalenenstraße gefahren und eine Nacht verhört. Dann wieder im geschlossenen Fahrzeug nach Hohenschönhausen – ich wusste nicht mehr, wo ich war.

Da hat man kein gutes Gefühl, weil du weißt ja nicht mal wo du bist. Das Gefühl hattest du im Leben wahrscheinlich noch nie. Ich hab mal versucht da unten rauszugucken aus der Augenbinde, das ist mir nicht geglückt. Und die sind so oft im Kreis gefahren, drei Stunden, wirklich lange. Ich wusste nicht mehr, wo ich war, obwohl ich die Stadt gut kannte, weil ich viel Motorrad gefahren bin. Aber, na ja, man hat schon große Angst. Es gab keinen Anwalt, keinen Kontakt zu den Eltern, nicht Telefonieren und acht Tage Einzelhaft. Aber, was wieder toll ist an so was, kann man eben nicht ohne Zwang nachmachen. Ich hatte kurz vorher den Roman von Erich Maria Remarque gelesen “Die Nacht von Lissabon”. Das war so eine Romanzeit, den hatte ich mir grad gekauft. Ich konnte dann so am vierten oder fünften Tag, weil so ein 24 Stunden Tag ohne reden, ohne jemanden zu sehen, mir wortwörtlich den Roman selbst vorlesen. Habe ihn mir ungefähr vier Mal vorgelesen in den Folgetagen. Konnte mich an jede Zeile erinnern, vielleicht war mal ein Absatz nicht ganz richtig, aber ich konnte mir quasi so die Zeit vertreiben. Das war wie Fernsehen im Kopf.

Was waren deine ersten Aufträge?
Also dadurch, dass ich als Kraftfahrer dort, bei Sibylle, über fünf Jahre gearbeitet habe, kannte ich sehr viele Fotografen, die in der DDR auch bekannt waren und bis heute bekannt sind und auch die fotografische Szene geprägt haben, wie Arno Fischer, Sibylle Bergemann die Familie Maler, Ulrich Wüst. Sozusagen wirklich, vielleicht alle namhaften Leute, habe ich zumindest mal persönlich gesehen. Die Malers haben mich auch sehr unterstützt, da war ich auch mal Praktikant bei denen. Und die haben mir auch einen Stempel ins SV Buch gedrückt, damit ich nicht als asozial gelte. Weil man ja arbeiten musste in der DDR. Das heißt, man durfte nicht, man konnte nicht, man musste. Das kann man sich heute gar nicht vorstellen.

Ja, dann waren meine ersten Aufträge tatsächlich auch für die Sibylle. In der Kongresshalle am Haus des Lehrers habe ich einen Mode-Kongress mit fotografiert und erste Mode Aufträge gehabt. Und so. Aber mit meiner ersten Kamera, die ich gekauft habe, Unter den Linden Ecke Friedrichstraße, mit Kredit, da habe ich eigentlich gleich angefangen zu inszenieren. Also meine ersten Sachen waren eigentlich keine Aufträge. Meine ersten Arbeiten waren eigentlich schon freie Arbeiten.

Welche Unterschiede gab es in deinem Beruf zwischen Ost und West?
Also ‘86 bin ich im Oktober in den Westen nicht wissend, dass ‘89 die Mauer fallen wird. Das ist ein harter Schnitt, weil ich die Familie verlassen hab, und das war dann auch eine Trennung für die Familie eigentlich für immer. Die berufliche Situation war für mich viel einfacher. Gleich von Anfang an. Ich habe mich ein einziges Mal um einen Studienplatz beworben und hab den sofort bekommen. Ich hatte ja auch schon einige Ausstellungen z. B. im Jugendklub Schaufenster in der Chausseestraße gehabt und kam mit einer Mappe brauchbarer Fotografien, die später im Museum of Modern Arts vorlagen. Damit hab ich mich beworben fürs erste Semester.

Dann habe ich auch Teile dieser Mappe schon verkaufen können, an die Berlinische Galerie. Also es war plötzlich eine ganz andere Wahrnehmung meiner Arbeit und es war dann sogar so, dass Janosch Frikot, der Begründer der fotografischen Sammlung der Berlinischen Galerie mich fragte: “Was machen Sie denn eigentlich da an der Hochschule der Künste? Was unterrichten Sie denn?” Ich war aber im zweiten Semester und dadurch entstand bei mir der Wunsch vielleicht auch mal eine Professur kriegen. Und er dachte ich, hätte eine. Das ist Wahnsinn.

Dein bisher stärkster Moment im Job?
Na ja, einer der stärksten Momente war vielleicht tatsächlich für mich an diese Reise mit einem Filmteam, was aus acht Leuten bestand, von Nordvietnam nach Südvietnam, in Zusammenhang mit dem Film “Lighter than Orange”. Armin Dierolf und Manja Ebert waren eigentlich die einzigen Profi-Filmleute. Der Regisseur, der hatte leider kurzfristig vorher abgesagt. Er war eigentlich ein Freund von meinem Vater und hatte das Gefühl, es war irgendwie “zu studentisch” oder es gab nicht genug Geld oder irgendwie so. Er hat sich dann später geärgert, weil der Film war auf 20 Festivals und gewann sogar einen Preis in New York. Aber, das war alles nachgeordnet. Dieses gemeinsam an einem Thema arbeiten, ein sinnerfülltes Arbeiten, vielleicht auch eine Arbeit an einem Thema, was eine gesellschaftliche Relevanz hat, das hat nicht nur mich besonders beeindruckt, sondern auch die anderen in dem Filmteam. Das war fast acht Jahre her.

Im Kunstmarkt selber ist die Lehre ein bisschen verpönt. Für mich ist die Lehre ein wichtiger Teil auch des künstlerischen Schaffens. Also gestern z. B., wo ihr, das Filmteam kurz da war, aus der östlichen Sicht auch auf die Szene, die kennt ja gar nicht die ostdeutsche, sondern eher die russische Sicht. Dann war dabei eine Italienerin, die guckt ja wieder ganz anders drauf. Die haben auch Kommunismus und die ganze Zeit mit Mussolini ganz anders erlebt. Und wir haben einen dabei, der auch nicht aus dem Osten stammte: Tim, der da die Panzerketten putzte. Der spricht mit mir auch darüber. Für den war das komplett neu. Der wusste gar nichts über Womacka und so weiter. Und in diesem Gespräch kommt man einfach bestimmten Dingen näher. Ich wollte sagen, für mich ist Lehre ein Begegnen auf Augenhöhe. Egal ob man jetzt älter ist oder von manchen Dingen mehr weiß. Aber ich glaub, die jungen Leute wissen auch viele Dinge, die wir Älteren übersehen haben, wo wir in unserem Trott drin sind. Wir brauchen ständig diesen Brechung und Reflexion.

Und wenn man das so begreift, finde ich, kann Lehre für beide Seiten was Tolles sein und auch für die Zukunft irgendwas bedeuten – für junge sowie ältere Leute.

Gibt es beruflich etwas an dem du fast verzweifelt wärst?
Eigentlich an jedem Bild. Also jedes Bild ist erst mal Verzweiflung. Das hat ja einen Grund sozusagen, weshalb man das Bild macht. Dann ist man aber in der Realität, die Dreidimensionale, die die vierte Dimension, Zeit, hat, in der man das erlebt. Und dann sitzt man heute vom Rechner oder guckt dann eben die Kontaktbögen an und hat zwei Dimensionen. Und die Farben sind aus Millionen und Aber Million auch weniger geworden. Da gibts immer irgendwie so eine Enttäuschung. Deshalb bin ich ein Mensch, der braucht die anderen, die Kollegen, um bestimmte Dinge immer wieder gegenzuprüfen. Wenn ich merke “Ah, das ist cool, die lachen.” Oder die erkennen irgendwas, was sie so noch nicht gesehen haben, dann entsteht wieder so langsam ein Zutrauen und dann ist wieder so ein Bild geboren. Bei manchen Bildern brauch ich ein halbes Jahr, bis ich dem Bild auch vertraue. Manchmal sieht man es gleich, aber oft dauerts lange.

Welche Entwicklung in deinem Bereich fasziniert dich besonders?
Also ich fahre ja viel zu Dokumentarfilmfestivals und die Frage nach der Wahrheit sozusagen, war im Symposium beim Dokumentarfilmfestival in Leipzig. Also inwiefern hat der Filmemacher irgendwie Zugang zur Wahrheit oder ist es wahr, was wir überhaupt machen können? Auch als Dokumentarfilmer? Also, sehr mutige Leute gibts. Das hat mich inspiriert. Und ich muss sagen, der Film über Snowden, das fand ich auch toll. Das war jetzt von der Aufnahme her, von dem Bild her, war das alles nicht so toll. Aber, dass man authentisch den Moment hat, wie so ein Whistleblower, da plötzlich in einem Hongkonger Hotel alles offen legt, was er weiß als junger Mensch wohl wissend, dass er möglicherweise nie wieder frei auf der Straße rumlaufen kann ohne erschossen zu werden oder gekidnappt zu werden. Das fand ich sehr mutig. Und auch von der Kamerafrau sehr mutig. Sie lebt übrigens im Prenzlauer Berg, die Amerikanerin, weil sie nicht nach Amerika, in das “freieste Land der Welt”, zurückreisen kann. 

Ein paar Worte an zukünftige Fotograf_innen und Filmemacher_innen:
Also wirklich, ich glaube, das Geheimnis liegt in der Arbeit. Da bin ich nicht der Einzige, der das sagt. Wenig Eitelkeit und Arroganz. Wir haben ja den Vorteil; wir können uns manchmal mit Millionen Leuten gleichzeitig unterhalten. Wenn ein Foto gedruckt wird und das sehen Millionen Leute, das kommt ja vor in Tageszeitungen, deswegen sind die auch nichts Besonderes. Ich seh mich immer wie ein Auge der Gesellschaft. Was ich bin, ist ja auch ein Produkt der Gesellschaft. Ich hab ja nicht alles alleine geleistet. Leute haben mich ausgebildet, waren in der Schule mit mir, haben mir die Augen geöffnet und so weiter. Standen an der Seite. Pate. Mein Cousin, z. B. hat gesagt: “Wenn du zum Militär länger gehst als anderthalb Jahre, red ich kein Wort mehr mit dir.” Ich wäre länger gegangen. Also man braucht diese Leute. Hört aufmerksam zu, wenn euch jemand was sagt, und seid uneitel. Und vielleicht, das habe ich erst gemerkt, als ich ein bisschen älter war, die Bilder können natürlich meiner Meinung nach was bewirken. Also seid euch dessen bewusst und setzt die Bilder für Dinge ein, dass sie nicht einfach nur l’art pour l’art sind. Das ist so ein bisschen mein Problem mit der heutigen Kunstszene. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass manche Kunsthäuser, große, weiße, Kirchen ähnliche Gebäude, dastehen und dadurch, dass Bilder groß und teuer sind, wird den gehuldigt, aber die eigentliche Information noch gar nicht zu sehen ist, die wir brauchen. Ich gehe sehr mit dem Denken von Oliviero Toscani mit, der sagt, wir bedrucken Quadratkilometer von Papieren mit Nonsens. Und das ist meiner Meinung nach in der Kunst auch so. Es gibt ganz viele wichtige Themen, die wir schnell ändern müssen, weil sonst gibts uns hier nicht mehr. Und das kann auch ein Teil der Kunst sein. Vielleicht kann man sich ja auch mehreren Themen widmen, der Tag hat ja wie gesagt, 24 Stunden.

 Berlin, Mai 2020

Mein Name ist Matthias Leupold. Bin geboren in Berlin Ost, 15 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Also jetzt merkt man erst mal wenn man 60 ist, wie dicht das eigentlich hinterher war. Eigentlich fast noch Nachkriegszeit. Dort bin ich dann einen normalen Lebensweg durchlaufen: Pionierorganisation, FDJ, GST - solche Sachen. Bin mehrfach verhaftet worden, dann Anfang der 80er, weil ich einen Freund ein bisschen gedeckt hatte, der in den Westen abhauen wollte. Wie auch immer.

Ich kenne Hohenschönhausen, die Stasi Gedenkstätte, als Gefängnis von innen, als Insasse. Hatte mich dann immer noch nicht entschließen können das Land zu wechseln, aber ‘86, nach mehreren Ausstellungsschließungen vom Bauhaus Dessau und auch in der Hochschule der Bildenden Künste Dresden, stand mein Entschluss fest meinen Freunden zu folgen und nach Westberlin zu gehen.

Seit 2007 habe ich eine Professur an der heutigen University of Applied Science, damals hieß sie noch Berliner Technische Kunsthochschule. Und ich habe diese Hochschule zusammen gegründet mit Grimmling, einem Maler, Khazaeli, einem Typograph und Designer, und einem Kaufmann: Claus Bennefeld.

Ich arbeite seit mehr als 30 Jahren an Fotoinszenierung, auch dokumentarischen Fotos, aber meist an freien Themen. Und habe 2012 im Zusammenhang mit dem Film “Lighter nach Orange” auch eine kleine Filmproduktion, die sich dem engagierten Dokumentarfilm widmet, gegründet: Leupold Film Production Berlin.

Wann war dir klar, dass du Fotograf werden willst?
Ja, zur Fotografie kam ich auf einem merkwürdigen Weg. Hab ja vorhin schon angedeutet, dass ich Anfang der 80er-Jahren für eine gewisse Zeit in Hohenschönhausen im Gefängnis war. Und da gabs dann die Situation: Ich war als Abiturient aus der Sicht der Obrigkeit verpflichtet ein Hochschulstudium zu ergreifen, und da ich ein Hilfsjob hatte, ich war Kraftfahrer in der Redaktion Sybille, einer in der DDR recht bekannten Kultur- und Modezeitschrift, hatte man mir dann vorgeschlagen, das Kollektiv würde sie vielleicht unterstützen.

“Also, sie können Journalist werden, Herr Leupold, oder Fotograf.” Und da hab ich gesagt: “Ja… als Journalist muss ich ja nur schwindeln, also werd ich Fotograf.” Also hatte ich nur die Wahl Fotograf zu werden. So bin ich zu dem Beruf gekommen.

Erinnerst du dich an dein erstes Erlebnis mit Fotografie?
Also irgendwie ist mir so das Szenische ein bisschen in die Wiege gelegt worden. Hier auf dem Foto, was mein Vater in meiner Kindheit geschossen hat, sieht man eine Äsop Fabel, die inszeniert wird mit dem Fuchs und dem Storch. Mit Krepppapier wurden im Garten am Wochenende, dann kleine Geschichten erzählt oder zu Geburtstagsfeiern und so weiter. Und das Foto ist über 50 Jahre alt. Bin ganz froh, dass mein Vater damals ein Dia gemacht hat, dass man überhaupt noch so ein Bild hat.

Ich hatte schon als Kind Zugriff zu den Kameras meines Vaters. Hab z. B. mal aus dem Fenster einen Unfall fotografiert, aus der vierten Etage, wo sich ein Trabant überschlug. Genau vor unserer Tür. Dach fiel ab. Der Fahrer fiel aus dem Auto raus, lag dann schreiend auf der Straße und ich hab dann aus der vierten Etage geknipst. Das war ein Erlebnis.

Dann gabs noch ein weiteres. Als ich in Haft war, wurde bei der Hausdurchsuchung ein Foto gefunden - bei mir, in der Gethsemanestraße 6, wo ich damals wohnte. Und dieses Foto zeigt einen nackten Hintern und auf diesem nackten Hintern war die Titelseite vom Neuen Deutschland, dem Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, also die führende Partei in der DDR. Und da stand drauf “20. Jahrestag des antifaschistischen Schutzwalls”. Da legten die mir das Foto vor und fragten: “Herr Leupold, ist das ihr Hintern?” Ich sag: “Nein, nein.” Gott sei Dank konnte man meine Brille nicht deutlich erkennen - war aber meiner. Das Verhör ging oft und lange. Ich lächle jetzt, aber damals hab ich Blut und Wasser geschwitzt. Da hab ich echt Angst gehabt. Aber später, als ich raus war, hab ich überlegt, wenn die so viel Zeit opfern rauszukriegen was hinter einem Foto steckt, dann muss ja auch eine Macht in so einem Foto stecken. Und das habe ich eigentlich dort im Gefängnis begriffen.

Dafür kann man auch solchen Schicksalsschlägen dann dankbar sein, sonst hätte ich das dann nie mit meinem eigenen Körper und meinem eigenen Empfinden wahrgenommen. Auch mit der Angst kann man Sachen verstehen, die man mit Reden nicht verstehen kann.

Weswegen befandest du dich damals in Haft?
Ich stand unter dem Verdacht, ein Drahtzieher zu sein für die Menschenhändler-Bande Fürch. Es gab mehrere, aber zwei große. Fürch war einer von den Großen aus Hamburg. Und mein Jugendfreund Jürgen Diener, der heute auch in Hamburg lebt, wollte zu seinem Bruder, der früher geflüchtet war über die Türkei mit dem Paddelboot, wollte mein Freund Jürgen das auch. Und ich hatte ihm bisschen Geld gegeben. Ich hab ihn mit dem Auto bis nach Bulgarien gefahren. Wir haben ein Schlauchboot zusammen gekauft, mit dem er dann bei Neumond paddeln wollte und so weiter. Das hat dann alles nicht geklappt, weil wir keine Paddel gekriegt haben in Bulgarien. Was eben alles dann passiert – die Story ist dann lang. Und am Ende ist er dann mit dieser Menschenhändler-Bande Fürch, bezahlt von seinem Bruder, 20.000 D-Mark, über die B5 nach Hamburg gefahren und in Zarretin ist er sozusagen rausgeholt worden. Heute wissen wir, dass der eigene Vater von Jürgen die Wohnung von ihm hatte abhören lassen. Der war in der Partei-Kontrollkommission ein hohes Tier, das heißt, alle Gespräche, die wir in seiner Wohnung führten, waren abgehört worden. Jürgen wurde dann gefragt: “Gibts Mitwisser?” Und da hatte er dann meinen Namen genannt, aber das wussten die dann sowieso, weil es abgehört war. Dadurch wurde ich verhaftet. In der Redaktion Sibylle kamen dann morgens Leute, haben mich mit verbundenen Augen erst mal in die Magdalenenstraße gefahren und eine Nacht verhört. Dann wieder im geschlossenen Fahrzeug nach Hohenschönhausen – ich wusste nicht mehr, wo ich war.

Da hat man kein gutes Gefühl, weil du weißt ja nicht mal wo du bist. Das Gefühl hattest du im Leben wahrscheinlich noch nie. Ich hab mal versucht da unten rauszugucken aus der Augenbinde, das ist mir nicht geglückt. Und die sind so oft im Kreis gefahren, drei Stunden, wirklich lange. Ich wusste nicht mehr, wo ich war, obwohl ich die Stadt gut kannte, weil ich viel Motorrad gefahren bin. Aber, na ja, man hat schon große Angst. Es gab keinen Anwalt, keinen Kontakt zu den Eltern, nicht Telefonieren und acht Tage Einzelhaft. Aber, was wieder toll ist an so was, kann man eben nicht ohne Zwang nachmachen. Ich hatte kurz vorher den Roman von Erich Maria Remarque gelesen “Die Nacht von Lissabon”. Das war so eine Romanzeit, den hatte ich mir grad gekauft. Ich konnte dann so am vierten oder fünften Tag, weil so ein 24 Stunden Tag ohne reden, ohne jemanden zu sehen, mir wortwörtlich den Roman selbst vorlesen. Habe ihn mir ungefähr vier Mal vorgelesen in den Folgetagen. Konnte mich an jede Zeile erinnern, vielleicht war mal ein Absatz nicht ganz richtig, aber ich konnte mir quasi so die Zeit vertreiben. Das war wie Fernsehen im Kopf.

Was waren deine ersten Aufträge?
Also dadurch, dass ich als Kraftfahrer dort, bei Sibylle, über fünf Jahre gearbeitet habe, kannte ich sehr viele Fotografen, die in der DDR auch bekannt waren und bis heute bekannt sind und auch die fotografische Szene geprägt haben, wie Arno Fischer, Sibylle Bergemann die Familie Maler, Ulrich Wüst. Sozusagen wirklich, vielleicht alle namhaften Leute, habe ich zumindest mal persönlich gesehen. Die Malers haben mich auch sehr unterstützt, da war ich auch mal Praktikant bei denen. Und die haben mir auch einen Stempel ins SV Buch gedrückt, damit ich nicht als asozial gelte. Weil man ja arbeiten musste in der DDR. Das heißt, man durfte nicht, man konnte nicht, man musste. Das kann man sich heute gar nicht vorstellen.

Ja, dann waren meine ersten Aufträge tatsächlich auch für die Sibylle. In der Kongresshalle am Haus des Lehrers habe ich einen Mode-Kongress mit fotografiert und erste Mode Aufträge gehabt. Und so. Aber mit meiner ersten Kamera, die ich gekauft habe, Unter den Linden Ecke Friedrichstraße, mit Kredit, da habe ich eigentlich gleich angefangen zu inszenieren. Also meine ersten Sachen waren eigentlich keine Aufträge. Meine ersten Arbeiten waren eigentlich schon freie Arbeiten.

Welche Unterschiede gab es in deinem Beruf zwischen Ost und West?
Also ‘86 bin ich im Oktober in den Westen nicht wissend, dass ‘89 die Mauer fallen wird. Das ist ein harter Schnitt, weil ich die Familie verlassen hab, und das war dann auch eine Trennung für die Familie eigentlich für immer. Die berufliche Situation war für mich viel einfacher. Gleich von Anfang an. Ich habe mich ein einziges Mal um einen Studienplatz beworben und hab den sofort bekommen. Ich hatte ja auch schon einige Ausstellungen z. B. im Jugendklub Schaufenster in der Chausseestraße gehabt und kam mit einer Mappe brauchbarer Fotografien, die später im Museum of Modern Arts vorlagen. Damit hab ich mich beworben fürs erste Semester.

Dann habe ich auch Teile dieser Mappe schon verkaufen können, an die Berlinische Galerie. Also es war plötzlich eine ganz andere Wahrnehmung meiner Arbeit und es war dann sogar so, dass Janosch Frikot, der Begründer der fotografischen Sammlung der Berlinischen Galerie mich fragte: “Was machen Sie denn eigentlich da an der Hochschule der Künste? Was unterrichten Sie denn?” Ich war aber im zweiten Semester und dadurch entstand bei mir der Wunsch vielleicht auch mal eine Professur kriegen. Und er dachte ich, hätte eine. Das ist Wahnsinn.

Dein bisher stärkster Moment im Job?
Na ja, einer der stärksten Momente war vielleicht tatsächlich für mich an diese Reise mit einem Filmteam, was aus acht Leuten bestand, von Nordvietnam nach Südvietnam, in Zusammenhang mit dem Film “Lighter than Orange”. Armin Dierolf und Manja Ebert waren eigentlich die einzigen Profi-Filmleute. Der Regisseur, der hatte leider kurzfristig vorher abgesagt. Er war eigentlich ein Freund von meinem Vater und hatte das Gefühl, es war irgendwie “zu studentisch” oder es gab nicht genug Geld oder irgendwie so. Er hat sich dann später geärgert, weil der Film war auf 20 Festivals und gewann sogar einen Preis in New York. Aber, das war alles nachgeordnet. Dieses gemeinsam an einem Thema arbeiten, ein sinnerfülltes Arbeiten, vielleicht auch eine Arbeit an einem Thema, was eine gesellschaftliche Relevanz hat, das hat nicht nur mich besonders beeindruckt, sondern auch die anderen in dem Filmteam. Das war fast acht Jahre her.

Im Kunstmarkt selber ist die Lehre ein bisschen verpönt. Für mich ist die Lehre ein wichtiger Teil auch des künstlerischen Schaffens. Also gestern z. B., wo ihr, das Filmteam kurz da war, aus der östlichen Sicht auch auf die Szene, die kennt ja gar nicht die ostdeutsche, sondern eher die russische Sicht. Dann war dabei eine Italienerin, die guckt ja wieder ganz anders drauf. Die haben auch Kommunismus und die ganze Zeit mit Mussolini ganz anders erlebt. Und wir haben einen dabei, der auch nicht aus dem Osten stammte: Tim, der da die Panzerketten putzte. Der spricht mit mir auch darüber. Für den war das komplett neu. Der wusste gar nichts über Womacka und so weiter. Und in diesem Gespräch kommt man einfach bestimmten Dingen näher. Ich wollte sagen, für mich ist Lehre ein Begegnen auf Augenhöhe. Egal ob man jetzt älter ist oder von manchen Dingen mehr weiß. Aber ich glaub, die jungen Leute wissen auch viele Dinge, die wir Älteren übersehen haben, wo wir in unserem Trott drin sind. Wir brauchen ständig diesen Brechung und Reflexion.

Und wenn man das so begreift, finde ich, kann Lehre für beide Seiten was Tolles sein und auch für die Zukunft irgendwas bedeuten – für junge sowie ältere Leute.

Gibt es beruflich etwas an dem du fast verzweifelt wärst?
Eigentlich an jedem Bild. Also jedes Bild ist erst mal Verzweiflung. Das hat ja einen Grund sozusagen, weshalb man das Bild macht. Dann ist man aber in der Realität, die Dreidimensionale, die die vierte Dimension, Zeit, hat, in der man das erlebt. Und dann sitzt man heute vom Rechner oder guckt dann eben die Kontaktbögen an und hat zwei Dimensionen. Und die Farben sind aus Millionen und Aber Million auch weniger geworden. Da gibts immer irgendwie so eine Enttäuschung. Deshalb bin ich ein Mensch, der braucht die anderen, die Kollegen, um bestimmte Dinge immer wieder gegenzuprüfen. Wenn ich merke “Ah, das ist cool, die lachen.” Oder die erkennen irgendwas, was sie so noch nicht gesehen haben, dann entsteht wieder so langsam ein Zutrauen und dann ist wieder so ein Bild geboren. Bei manchen Bildern brauch ich ein halbes Jahr, bis ich dem Bild auch vertraue. Manchmal sieht man es gleich, aber oft dauerts lange.

Welche Entwicklung in deinem Bereich fasziniert dich besonders?
Also ich fahre ja viel zu Dokumentarfilmfestivals und die Frage nach der Wahrheit sozusagen, war im Symposium beim Dokumentarfilmfestival in Leipzig. Also inwiefern hat der Filmemacher irgendwie Zugang zur Wahrheit oder ist es wahr, was wir überhaupt machen können? Auch als Dokumentarfilmer? Also, sehr mutige Leute gibts. Das hat mich inspiriert. Und ich muss sagen, der Film über Snowden, das fand ich auch toll. Das war jetzt von der Aufnahme her, von dem Bild her, war das alles nicht so toll. Aber, dass man authentisch den Moment hat, wie so ein Whistleblower, da plötzlich in einem Hongkonger Hotel alles offen legt, was er weiß als junger Mensch wohl wissend, dass er möglicherweise nie wieder frei auf der Straße rumlaufen kann ohne erschossen zu werden oder gekidnappt zu werden. Das fand ich sehr mutig. Und auch von der Kamerafrau sehr mutig. Sie lebt übrigens im Prenzlauer Berg, die Amerikanerin, weil sie nicht nach Amerika, in das “freieste Land der Welt”, zurückreisen kann. 

Ein paar Worte an zukünftige Fotograf_innen und Filmemacher_innen:
Also wirklich, ich glaube, das Geheimnis liegt in der Arbeit. Da bin ich nicht der Einzige, der das sagt. Wenig Eitelkeit und Arroganz. Wir haben ja den Vorteil; wir können uns manchmal mit Millionen Leuten gleichzeitig unterhalten. Wenn ein Foto gedruckt wird und das sehen Millionen Leute, das kommt ja vor in Tageszeitungen, deswegen sind die auch nichts Besonderes. Ich seh mich immer wie ein Auge der Gesellschaft. Was ich bin, ist ja auch ein Produkt der Gesellschaft. Ich hab ja nicht alles alleine geleistet. Leute haben mich ausgebildet, waren in der Schule mit mir, haben mir die Augen geöffnet und so weiter. Standen an der Seite. Pate. Mein Cousin, z. B. hat gesagt: “Wenn du zum Militär länger gehst als anderthalb Jahre, red ich kein Wort mehr mit dir.” Ich wäre länger gegangen. Also man braucht diese Leute. Hört aufmerksam zu, wenn euch jemand was sagt, und seid uneitel. Und vielleicht, das habe ich erst gemerkt, als ich ein bisschen älter war, die Bilder können natürlich meiner Meinung nach was bewirken. Also seid euch dessen bewusst und setzt die Bilder für Dinge ein, dass sie nicht einfach nur l’art pour l’art sind. Das ist so ein bisschen mein Problem mit der heutigen Kunstszene. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass manche Kunsthäuser, große, weiße, Kirchen ähnliche Gebäude, dastehen und dadurch, dass Bilder groß und teuer sind, wird den gehuldigt, aber die eigentliche Information noch gar nicht zu sehen ist, die wir brauchen. Ich gehe sehr mit dem Denken von Oliviero Toscani mit, der sagt, wir bedrucken Quadratkilometer von Papieren mit Nonsens. Und das ist meiner Meinung nach in der Kunst auch so. Es gibt ganz viele wichtige Themen, die wir schnell ändern müssen, weil sonst gibts uns hier nicht mehr. Und das kann auch ein Teil der Kunst sein. Vielleicht kann man sich ja auch mehreren Themen widmen, der Tag hat ja wie gesagt, 24 Stunden.

 Berlin, Mai 2020

Mein Name ist Matthias Leupold. Bin geboren in Berlin Ost, 15 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Also jetzt merkt man erst mal wenn man 60 ist, wie dicht das eigentlich hinterher war. Eigentlich fast noch Nachkriegszeit. Dort bin ich dann einen normalen Lebensweg durchlaufen: Pionierorganisation, FDJ, GST - solche Sachen. Bin mehrfach verhaftet worden, dann Anfang der 80er, weil ich einen Freund ein bisschen gedeckt hatte, der in den Westen abhauen wollte. Wie auch immer.

Ich kenne Hohenschönhausen, die Stasi Gedenkstätte, als Gefängnis von innen, als Insasse. Hatte mich dann immer noch nicht entschließen können das Land zu wechseln, aber ‘86, nach mehreren Ausstellungsschließungen vom Bauhaus Dessau und auch in der Hochschule der Bildenden Künste Dresden, stand mein Entschluss fest meinen Freunden zu folgen und nach Westberlin zu gehen.

Seit 2007 habe ich eine Professur an der heutigen University of Applied Science, damals hieß sie noch Berliner Technische Kunsthochschule. Und ich habe diese Hochschule zusammen gegründet mit Grimmling, einem Maler, Khazaeli, einem Typograph und Designer, und einem Kaufmann: Claus Bennefeld.

Ich arbeite seit mehr als 30 Jahren an Fotoinszenierung, auch dokumentarischen Fotos, aber meist an freien Themen. Und habe 2012 im Zusammenhang mit dem Film “Lighter nach Orange” auch eine kleine Filmproduktion, die sich dem engagierten Dokumentarfilm widmet, gegründet: Leupold Film Production Berlin.

Wann war dir klar, dass du Fotograf werden willst?
Ja, zur Fotografie kam ich auf einem merkwürdigen Weg. Hab ja vorhin schon angedeutet, dass ich Anfang der 80er-Jahren für eine gewisse Zeit in Hohenschönhausen im Gefängnis war. Und da gabs dann die Situation: Ich war als Abiturient aus der Sicht der Obrigkeit verpflichtet ein Hochschulstudium zu ergreifen, und da ich ein Hilfsjob hatte, ich war Kraftfahrer in der Redaktion Sybille, einer in der DDR recht bekannten Kultur- und Modezeitschrift, hatte man mir dann vorgeschlagen, das Kollektiv würde sie vielleicht unterstützen.

“Also, sie können Journalist werden, Herr Leupold, oder Fotograf.” Und da hab ich gesagt: “Ja… als Journalist muss ich ja nur schwindeln, also werd ich Fotograf.” Also hatte ich nur die Wahl Fotograf zu werden. So bin ich zu dem Beruf gekommen.

Erinnerst du dich an dein erstes Erlebnis mit Fotografie?
Also irgendwie ist mir so das Szenische ein bisschen in die Wiege gelegt worden. Hier auf dem Foto, was mein Vater in meiner Kindheit geschossen hat, sieht man eine Äsop Fabel, die inszeniert wird mit dem Fuchs und dem Storch. Mit Krepppapier wurden im Garten am Wochenende, dann kleine Geschichten erzählt oder zu Geburtstagsfeiern und so weiter. Und das Foto ist über 50 Jahre alt. Bin ganz froh, dass mein Vater damals ein Dia gemacht hat, dass man überhaupt noch so ein Bild hat.

Ich hatte schon als Kind Zugriff zu den Kameras meines Vaters. Hab z. B. mal aus dem Fenster einen Unfall fotografiert, aus der vierten Etage, wo sich ein Trabant überschlug. Genau vor unserer Tür. Dach fiel ab. Der Fahrer fiel aus dem Auto raus, lag dann schreiend auf der Straße und ich hab dann aus der vierten Etage geknipst. Das war ein Erlebnis.

Dann gabs noch ein weiteres. Als ich in Haft war, wurde bei der Hausdurchsuchung ein Foto gefunden - bei mir, in der Gethsemanestraße 6, wo ich damals wohnte. Und dieses Foto zeigt einen nackten Hintern und auf diesem nackten Hintern war die Titelseite vom Neuen Deutschland, dem Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, also die führende Partei in der DDR. Und da stand drauf “20. Jahrestag des antifaschistischen Schutzwalls”. Da legten die mir das Foto vor und fragten: “Herr Leupold, ist das ihr Hintern?” Ich sag: “Nein, nein.” Gott sei Dank konnte man meine Brille nicht deutlich erkennen - war aber meiner. Das Verhör ging oft und lange. Ich lächle jetzt, aber damals hab ich Blut und Wasser geschwitzt. Da hab ich echt Angst gehabt. Aber später, als ich raus war, hab ich überlegt, wenn die so viel Zeit opfern rauszukriegen was hinter einem Foto steckt, dann muss ja auch eine Macht in so einem Foto stecken. Und das habe ich eigentlich dort im Gefängnis begriffen.

Dafür kann man auch solchen Schicksalsschlägen dann dankbar sein, sonst hätte ich das dann nie mit meinem eigenen Körper und meinem eigenen Empfinden wahrgenommen. Auch mit der Angst kann man Sachen verstehen, die man mit Reden nicht verstehen kann.

Weswegen befandest du dich damals in Haft?
Ich stand unter dem Verdacht, ein Drahtzieher zu sein für die Menschenhändler-Bande Fürch. Es gab mehrere, aber zwei große. Fürch war einer von den Großen aus Hamburg. Und mein Jugendfreund Jürgen Diener, der heute auch in Hamburg lebt, wollte zu seinem Bruder, der früher geflüchtet war über die Türkei mit dem Paddelboot, wollte mein Freund Jürgen das auch. Und ich hatte ihm bisschen Geld gegeben. Ich hab ihn mit dem Auto bis nach Bulgarien gefahren. Wir haben ein Schlauchboot zusammen gekauft, mit dem er dann bei Neumond paddeln wollte und so weiter. Das hat dann alles nicht geklappt, weil wir keine Paddel gekriegt haben in Bulgarien. Was eben alles dann passiert – die Story ist dann lang. Und am Ende ist er dann mit dieser Menschenhändler-Bande Fürch, bezahlt von seinem Bruder, 20.000 D-Mark, über die B5 nach Hamburg gefahren und in Zarretin ist er sozusagen rausgeholt worden. Heute wissen wir, dass der eigene Vater von Jürgen die Wohnung von ihm hatte abhören lassen. Der war in der Partei-Kontrollkommission ein hohes Tier, das heißt, alle Gespräche, die wir in seiner Wohnung führten, waren abgehört worden. Jürgen wurde dann gefragt: “Gibts Mitwisser?” Und da hatte er dann meinen Namen genannt, aber das wussten die dann sowieso, weil es abgehört war. Dadurch wurde ich verhaftet. In der Redaktion Sibylle kamen dann morgens Leute, haben mich mit verbundenen Augen erst mal in die Magdalenenstraße gefahren und eine Nacht verhört. Dann wieder im geschlossenen Fahrzeug nach Hohenschönhausen – ich wusste nicht mehr, wo ich war.

Da hat man kein gutes Gefühl, weil du weißt ja nicht mal wo du bist. Das Gefühl hattest du im Leben wahrscheinlich noch nie. Ich hab mal versucht da unten rauszugucken aus der Augenbinde, das ist mir nicht geglückt. Und die sind so oft im Kreis gefahren, drei Stunden, wirklich lange. Ich wusste nicht mehr, wo ich war, obwohl ich die Stadt gut kannte, weil ich viel Motorrad gefahren bin. Aber, na ja, man hat schon große Angst. Es gab keinen Anwalt, keinen Kontakt zu den Eltern, nicht Telefonieren und acht Tage Einzelhaft. Aber, was wieder toll ist an so was, kann man eben nicht ohne Zwang nachmachen. Ich hatte kurz vorher den Roman von Erich Maria Remarque gelesen “Die Nacht von Lissabon”. Das war so eine Romanzeit, den hatte ich mir grad gekauft. Ich konnte dann so am vierten oder fünften Tag, weil so ein 24 Stunden Tag ohne reden, ohne jemanden zu sehen, mir wortwörtlich den Roman selbst vorlesen. Habe ihn mir ungefähr vier Mal vorgelesen in den Folgetagen. Konnte mich an jede Zeile erinnern, vielleicht war mal ein Absatz nicht ganz richtig, aber ich konnte mir quasi so die Zeit vertreiben. Das war wie Fernsehen im Kopf.

Was waren deine ersten Aufträge?
Also dadurch, dass ich als Kraftfahrer dort, bei Sibylle, über fünf Jahre gearbeitet habe, kannte ich sehr viele Fotografen, die in der DDR auch bekannt waren und bis heute bekannt sind und auch die fotografische Szene geprägt haben, wie Arno Fischer, Sibylle Bergemann die Familie Maler, Ulrich Wüst. Sozusagen wirklich, vielleicht alle namhaften Leute, habe ich zumindest mal persönlich gesehen. Die Malers haben mich auch sehr unterstützt, da war ich auch mal Praktikant bei denen. Und die haben mir auch einen Stempel ins SV Buch gedrückt, damit ich nicht als asozial gelte. Weil man ja arbeiten musste in der DDR. Das heißt, man durfte nicht, man konnte nicht, man musste. Das kann man sich heute gar nicht vorstellen.

Ja, dann waren meine ersten Aufträge tatsächlich auch für die Sibylle. In der Kongresshalle am Haus des Lehrers habe ich einen Mode-Kongress mit fotografiert und erste Mode Aufträge gehabt. Und so. Aber mit meiner ersten Kamera, die ich gekauft habe, Unter den Linden Ecke Friedrichstraße, mit Kredit, da habe ich eigentlich gleich angefangen zu inszenieren. Also meine ersten Sachen waren eigentlich keine Aufträge. Meine ersten Arbeiten waren eigentlich schon freie Arbeiten.

Welche Unterschiede gab es in deinem Beruf zwischen Ost und West?
Also ‘86 bin ich im Oktober in den Westen nicht wissend, dass ‘89 die Mauer fallen wird. Das ist ein harter Schnitt, weil ich die Familie verlassen hab, und das war dann auch eine Trennung für die Familie eigentlich für immer. Die berufliche Situation war für mich viel einfacher. Gleich von Anfang an. Ich habe mich ein einziges Mal um einen Studienplatz beworben und hab den sofort bekommen. Ich hatte ja auch schon einige Ausstellungen z. B. im Jugendklub Schaufenster in der Chausseestraße gehabt und kam mit einer Mappe brauchbarer Fotografien, die später im Museum of Modern Arts vorlagen. Damit hab ich mich beworben fürs erste Semester.

Dann habe ich auch Teile dieser Mappe schon verkaufen können, an die Berlinische Galerie. Also es war plötzlich eine ganz andere Wahrnehmung meiner Arbeit und es war dann sogar so, dass Janosch Frikot, der Begründer der fotografischen Sammlung der Berlinischen Galerie mich fragte: “Was machen Sie denn eigentlich da an der Hochschule der Künste? Was unterrichten Sie denn?” Ich war aber im zweiten Semester und dadurch entstand bei mir der Wunsch vielleicht auch mal eine Professur kriegen. Und er dachte ich, hätte eine. Das ist Wahnsinn.

Dein bisher stärkster Moment im Job?
Na ja, einer der stärksten Momente war vielleicht tatsächlich für mich an diese Reise mit einem Filmteam, was aus acht Leuten bestand, von Nordvietnam nach Südvietnam, in Zusammenhang mit dem Film “Lighter than Orange”. Armin Dierolf und Manja Ebert waren eigentlich die einzigen Profi-Filmleute. Der Regisseur, der hatte leider kurzfristig vorher abgesagt. Er war eigentlich ein Freund von meinem Vater und hatte das Gefühl, es war irgendwie “zu studentisch” oder es gab nicht genug Geld oder irgendwie so. Er hat sich dann später geärgert, weil der Film war auf 20 Festivals und gewann sogar einen Preis in New York. Aber, das war alles nachgeordnet. Dieses gemeinsam an einem Thema arbeiten, ein sinnerfülltes Arbeiten, vielleicht auch eine Arbeit an einem Thema, was eine gesellschaftliche Relevanz hat, das hat nicht nur mich besonders beeindruckt, sondern auch die anderen in dem Filmteam. Das war fast acht Jahre her.

Im Kunstmarkt selber ist die Lehre ein bisschen verpönt. Für mich ist die Lehre ein wichtiger Teil auch des künstlerischen Schaffens. Also gestern z. B., wo ihr, das Filmteam kurz da war, aus der östlichen Sicht auch auf die Szene, die kennt ja gar nicht die ostdeutsche, sondern eher die russische Sicht. Dann war dabei eine Italienerin, die guckt ja wieder ganz anders drauf. Die haben auch Kommunismus und die ganze Zeit mit Mussolini ganz anders erlebt. Und wir haben einen dabei, der auch nicht aus dem Osten stammte: Tim, der da die Panzerketten putzte. Der spricht mit mir auch darüber. Für den war das komplett neu. Der wusste gar nichts über Womacka und so weiter. Und in diesem Gespräch kommt man einfach bestimmten Dingen näher. Ich wollte sagen, für mich ist Lehre ein Begegnen auf Augenhöhe. Egal ob man jetzt älter ist oder von manchen Dingen mehr weiß. Aber ich glaub, die jungen Leute wissen auch viele Dinge, die wir Älteren übersehen haben, wo wir in unserem Trott drin sind. Wir brauchen ständig diesen Brechung und Reflexion.

Und wenn man das so begreift, finde ich, kann Lehre für beide Seiten was Tolles sein und auch für die Zukunft irgendwas bedeuten – für junge sowie ältere Leute.

Gibt es beruflich etwas an dem du fast verzweifelt wärst?
Eigentlich an jedem Bild. Also jedes Bild ist erst mal Verzweiflung. Das hat ja einen Grund sozusagen, weshalb man das Bild macht. Dann ist man aber in der Realität, die Dreidimensionale, die die vierte Dimension, Zeit, hat, in der man das erlebt. Und dann sitzt man heute vom Rechner oder guckt dann eben die Kontaktbögen an und hat zwei Dimensionen. Und die Farben sind aus Millionen und Aber Million auch weniger geworden. Da gibts immer irgendwie so eine Enttäuschung. Deshalb bin ich ein Mensch, der braucht die anderen, die Kollegen, um bestimmte Dinge immer wieder gegenzuprüfen. Wenn ich merke “Ah, das ist cool, die lachen.” Oder die erkennen irgendwas, was sie so noch nicht gesehen haben, dann entsteht wieder so langsam ein Zutrauen und dann ist wieder so ein Bild geboren. Bei manchen Bildern brauch ich ein halbes Jahr, bis ich dem Bild auch vertraue. Manchmal sieht man es gleich, aber oft dauerts lange.

Welche Entwicklung in deinem Bereich fasziniert dich besonders?
Also ich fahre ja viel zu Dokumentarfilmfestivals und die Frage nach der Wahrheit sozusagen, war im Symposium beim Dokumentarfilmfestival in Leipzig. Also inwiefern hat der Filmemacher irgendwie Zugang zur Wahrheit oder ist es wahr, was wir überhaupt machen können? Auch als Dokumentarfilmer? Also, sehr mutige Leute gibts. Das hat mich inspiriert. Und ich muss sagen, der Film über Snowden, das fand ich auch toll. Das war jetzt von der Aufnahme her, von dem Bild her, war das alles nicht so toll. Aber, dass man authentisch den Moment hat, wie so ein Whistleblower, da plötzlich in einem Hongkonger Hotel alles offen legt, was er weiß als junger Mensch wohl wissend, dass er möglicherweise nie wieder frei auf der Straße rumlaufen kann ohne erschossen zu werden oder gekidnappt zu werden. Das fand ich sehr mutig. Und auch von der Kamerafrau sehr mutig. Sie lebt übrigens im Prenzlauer Berg, die Amerikanerin, weil sie nicht nach Amerika, in das “freieste Land der Welt”, zurückreisen kann. 

Ein paar Worte an zukünftige Fotograf_innen und Filmemacher_innen:
Also wirklich, ich glaube, das Geheimnis liegt in der Arbeit. Da bin ich nicht der Einzige, der das sagt. Wenig Eitelkeit und Arroganz. Wir haben ja den Vorteil; wir können uns manchmal mit Millionen Leuten gleichzeitig unterhalten. Wenn ein Foto gedruckt wird und das sehen Millionen Leute, das kommt ja vor in Tageszeitungen, deswegen sind die auch nichts Besonderes. Ich seh mich immer wie ein Auge der Gesellschaft. Was ich bin, ist ja auch ein Produkt der Gesellschaft. Ich hab ja nicht alles alleine geleistet. Leute haben mich ausgebildet, waren in der Schule mit mir, haben mir die Augen geöffnet und so weiter. Standen an der Seite. Pate. Mein Cousin, z. B. hat gesagt: “Wenn du zum Militär länger gehst als anderthalb Jahre, red ich kein Wort mehr mit dir.” Ich wäre länger gegangen. Also man braucht diese Leute. Hört aufmerksam zu, wenn euch jemand was sagt, und seid uneitel. Und vielleicht, das habe ich erst gemerkt, als ich ein bisschen älter war, die Bilder können natürlich meiner Meinung nach was bewirken. Also seid euch dessen bewusst und setzt die Bilder für Dinge ein, dass sie nicht einfach nur l’art pour l’art sind. Das ist so ein bisschen mein Problem mit der heutigen Kunstszene. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass manche Kunsthäuser, große, weiße, Kirchen ähnliche Gebäude, dastehen und dadurch, dass Bilder groß und teuer sind, wird den gehuldigt, aber die eigentliche Information noch gar nicht zu sehen ist, die wir brauchen. Ich gehe sehr mit dem Denken von Oliviero Toscani mit, der sagt, wir bedrucken Quadratkilometer von Papieren mit Nonsens. Und das ist meiner Meinung nach in der Kunst auch so. Es gibt ganz viele wichtige Themen, die wir schnell ändern müssen, weil sonst gibts uns hier nicht mehr. Und das kann auch ein Teil der Kunst sein. Vielleicht kann man sich ja auch mehreren Themen widmen, der Tag hat ja wie gesagt, 24 Stunden.

 Berlin, Mai 2020

Mein Name ist Matthias Leupold. Bin geboren in Berlin Ost, 15 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Also jetzt merkt man erst mal wenn man 60 ist, wie dicht das eigentlich hinterher war. Eigentlich fast noch Nachkriegszeit. Dort bin ich dann einen normalen Lebensweg durchlaufen: Pionierorganisation, FDJ, GST - solche Sachen. Bin mehrfach verhaftet worden, dann Anfang der 80er, weil ich einen Freund ein bisschen gedeckt hatte, der in den Westen abhauen wollte. Wie auch immer.

Ich kenne Hohenschönhausen, die Stasi Gedenkstätte, als Gefängnis von innen, als Insasse. Hatte mich dann immer noch nicht entschließen können das Land zu wechseln, aber ‘86, nach mehreren Ausstellungsschließungen vom Bauhaus Dessau und auch in der Hochschule der Bildenden Künste Dresden, stand mein Entschluss fest meinen Freunden zu folgen und nach Westberlin zu gehen.

Seit 2007 habe ich eine Professur an der heutigen University of Applied Science, damals hieß sie noch Berliner Technische Kunsthochschule. Und ich habe diese Hochschule zusammen gegründet mit Grimmling, einem Maler, Khazaeli, einem Typograph und Designer, und einem Kaufmann: Claus Bennefeld.

Ich arbeite seit mehr als 30 Jahren an Fotoinszenierung, auch dokumentarischen Fotos, aber meist an freien Themen. Und habe 2012 im Zusammenhang mit dem Film “Lighter nach Orange” auch eine kleine Filmproduktion, die sich dem engagierten Dokumentarfilm widmet, gegründet: Leupold Film Production Berlin.

Wann war dir klar, dass du Fotograf werden willst?
Ja, zur Fotografie kam ich auf einem merkwürdigen Weg. Hab ja vorhin schon angedeutet, dass ich Anfang der 80er-Jahren für eine gewisse Zeit in Hohenschönhausen im Gefängnis war. Und da gabs dann die Situation: Ich war als Abiturient aus der Sicht der Obrigkeit verpflichtet ein Hochschulstudium zu ergreifen, und da ich ein Hilfsjob hatte, ich war Kraftfahrer in der Redaktion Sybille, einer in der DDR recht bekannten Kultur- und Modezeitschrift, hatte man mir dann vorgeschlagen, das Kollektiv würde sie vielleicht unterstützen.

“Also, sie können Journalist werden, Herr Leupold, oder Fotograf.” Und da hab ich gesagt: “Ja… als Journalist muss ich ja nur schwindeln, also werd ich Fotograf.” Also hatte ich nur die Wahl Fotograf zu werden. So bin ich zu dem Beruf gekommen.

Erinnerst du dich an dein erstes Erlebnis mit Fotografie?
Also irgendwie ist mir so das Szenische ein bisschen in die Wiege gelegt worden. Hier auf dem Foto, was mein Vater in meiner Kindheit geschossen hat, sieht man eine Äsop Fabel, die inszeniert wird mit dem Fuchs und dem Storch. Mit Krepppapier wurden im Garten am Wochenende, dann kleine Geschichten erzählt oder zu Geburtstagsfeiern und so weiter. Und das Foto ist über 50 Jahre alt. Bin ganz froh, dass mein Vater damals ein Dia gemacht hat, dass man überhaupt noch so ein Bild hat.

Ich hatte schon als Kind Zugriff zu den Kameras meines Vaters. Hab z. B. mal aus dem Fenster einen Unfall fotografiert, aus der vierten Etage, wo sich ein Trabant überschlug. Genau vor unserer Tür. Dach fiel ab. Der Fahrer fiel aus dem Auto raus, lag dann schreiend auf der Straße und ich hab dann aus der vierten Etage geknipst. Das war ein Erlebnis.

Dann gabs noch ein weiteres. Als ich in Haft war, wurde bei der Hausdurchsuchung ein Foto gefunden - bei mir, in der Gethsemanestraße 6, wo ich damals wohnte. Und dieses Foto zeigt einen nackten Hintern und auf diesem nackten Hintern war die Titelseite vom Neuen Deutschland, dem Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, also die führende Partei in der DDR. Und da stand drauf “20. Jahrestag des antifaschistischen Schutzwalls”. Da legten die mir das Foto vor und fragten: “Herr Leupold, ist das ihr Hintern?” Ich sag: “Nein, nein.” Gott sei Dank konnte man meine Brille nicht deutlich erkennen - war aber meiner. Das Verhör ging oft und lange. Ich lächle jetzt, aber damals hab ich Blut und Wasser geschwitzt. Da hab ich echt Angst gehabt. Aber später, als ich raus war, hab ich überlegt, wenn die so viel Zeit opfern rauszukriegen was hinter einem Foto steckt, dann muss ja auch eine Macht in so einem Foto stecken. Und das habe ich eigentlich dort im Gefängnis begriffen.

Dafür kann man auch solchen Schicksalsschlägen dann dankbar sein, sonst hätte ich das dann nie mit meinem eigenen Körper und meinem eigenen Empfinden wahrgenommen. Auch mit der Angst kann man Sachen verstehen, die man mit Reden nicht verstehen kann.

Weswegen befandest du dich damals in Haft?
Ich stand unter dem Verdacht, ein Drahtzieher zu sein für die Menschenhändler-Bande Fürch. Es gab mehrere, aber zwei große. Fürch war einer von den Großen aus Hamburg. Und mein Jugendfreund Jürgen Diener, der heute auch in Hamburg lebt, wollte zu seinem Bruder, der früher geflüchtet war über die Türkei mit dem Paddelboot, wollte mein Freund Jürgen das auch. Und ich hatte ihm bisschen Geld gegeben. Ich hab ihn mit dem Auto bis nach Bulgarien gefahren. Wir haben ein Schlauchboot zusammen gekauft, mit dem er dann bei Neumond paddeln wollte und so weiter. Das hat dann alles nicht geklappt, weil wir keine Paddel gekriegt haben in Bulgarien. Was eben alles dann passiert – die Story ist dann lang. Und am Ende ist er dann mit dieser Menschenhändler-Bande Fürch, bezahlt von seinem Bruder, 20.000 D-Mark, über die B5 nach Hamburg gefahren und in Zarretin ist er sozusagen rausgeholt worden. Heute wissen wir, dass der eigene Vater von Jürgen die Wohnung von ihm hatte abhören lassen. Der war in der Partei-Kontrollkommission ein hohes Tier, das heißt, alle Gespräche, die wir in seiner Wohnung führten, waren abgehört worden. Jürgen wurde dann gefragt: “Gibts Mitwisser?” Und da hatte er dann meinen Namen genannt, aber das wussten die dann sowieso, weil es abgehört war. Dadurch wurde ich verhaftet. In der Redaktion Sibylle kamen dann morgens Leute, haben mich mit verbundenen Augen erst mal in die Magdalenenstraße gefahren und eine Nacht verhört. Dann wieder im geschlossenen Fahrzeug nach Hohenschönhausen – ich wusste nicht mehr, wo ich war.

Da hat man kein gutes Gefühl, weil du weißt ja nicht mal wo du bist. Das Gefühl hattest du im Leben wahrscheinlich noch nie. Ich hab mal versucht da unten rauszugucken aus der Augenbinde, das ist mir nicht geglückt. Und die sind so oft im Kreis gefahren, drei Stunden, wirklich lange. Ich wusste nicht mehr, wo ich war, obwohl ich die Stadt gut kannte, weil ich viel Motorrad gefahren bin. Aber, na ja, man hat schon große Angst. Es gab keinen Anwalt, keinen Kontakt zu den Eltern, nicht Telefonieren und acht Tage Einzelhaft. Aber, was wieder toll ist an so was, kann man eben nicht ohne Zwang nachmachen. Ich hatte kurz vorher den Roman von Erich Maria Remarque gelesen “Die Nacht von Lissabon”. Das war so eine Romanzeit, den hatte ich mir grad gekauft. Ich konnte dann so am vierten oder fünften Tag, weil so ein 24 Stunden Tag ohne reden, ohne jemanden zu sehen, mir wortwörtlich den Roman selbst vorlesen. Habe ihn mir ungefähr vier Mal vorgelesen in den Folgetagen. Konnte mich an jede Zeile erinnern, vielleicht war mal ein Absatz nicht ganz richtig, aber ich konnte mir quasi so die Zeit vertreiben. Das war wie Fernsehen im Kopf.

Was waren deine ersten Aufträge?
Also dadurch, dass ich als Kraftfahrer dort, bei Sibylle, über fünf Jahre gearbeitet habe, kannte ich sehr viele Fotografen, die in der DDR auch bekannt waren und bis heute bekannt sind und auch die fotografische Szene geprägt haben, wie Arno Fischer, Sibylle Bergemann die Familie Maler, Ulrich Wüst. Sozusagen wirklich, vielleicht alle namhaften Leute, habe ich zumindest mal persönlich gesehen. Die Malers haben mich auch sehr unterstützt, da war ich auch mal Praktikant bei denen. Und die haben mir auch einen Stempel ins SV Buch gedrückt, damit ich nicht als asozial gelte. Weil man ja arbeiten musste in der DDR. Das heißt, man durfte nicht, man konnte nicht, man musste. Das kann man sich heute gar nicht vorstellen.

Ja, dann waren meine ersten Aufträge tatsächlich auch für die Sibylle. In der Kongresshalle am Haus des Lehrers habe ich einen Mode-Kongress mit fotografiert und erste Mode Aufträge gehabt. Und so. Aber mit meiner ersten Kamera, die ich gekauft habe, Unter den Linden Ecke Friedrichstraße, mit Kredit, da habe ich eigentlich gleich angefangen zu inszenieren. Also meine ersten Sachen waren eigentlich keine Aufträge. Meine ersten Arbeiten waren eigentlich schon freie Arbeiten.

Welche Unterschiede gab es in deinem Beruf zwischen Ost und West?
Also ‘86 bin ich im Oktober in den Westen nicht wissend, dass ‘89 die Mauer fallen wird. Das ist ein harter Schnitt, weil ich die Familie verlassen hab, und das war dann auch eine Trennung für die Familie eigentlich für immer. Die berufliche Situation war für mich viel einfacher. Gleich von Anfang an. Ich habe mich ein einziges Mal um einen Studienplatz beworben und hab den sofort bekommen. Ich hatte ja auch schon einige Ausstellungen z. B. im Jugendklub Schaufenster in der Chausseestraße gehabt und kam mit einer Mappe brauchbarer Fotografien, die später im Museum of Modern Arts vorlagen. Damit hab ich mich beworben fürs erste Semester.

Dann habe ich auch Teile dieser Mappe schon verkaufen können, an die Berlinische Galerie. Also es war plötzlich eine ganz andere Wahrnehmung meiner Arbeit und es war dann sogar so, dass Janosch Frikot, der Begründer der fotografischen Sammlung der Berlinischen Galerie mich fragte: “Was machen Sie denn eigentlich da an der Hochschule der Künste? Was unterrichten Sie denn?” Ich war aber im zweiten Semester und dadurch entstand bei mir der Wunsch vielleicht auch mal eine Professur kriegen. Und er dachte ich, hätte eine. Das ist Wahnsinn.

Dein bisher stärkster Moment im Job?
Na ja, einer der stärksten Momente war vielleicht tatsächlich für mich an diese Reise mit einem Filmteam, was aus acht Leuten bestand, von Nordvietnam nach Südvietnam, in Zusammenhang mit dem Film “Lighter than Orange”. Armin Dierolf und Manja Ebert waren eigentlich die einzigen Profi-Filmleute. Der Regisseur, der hatte leider kurzfristig vorher abgesagt. Er war eigentlich ein Freund von meinem Vater und hatte das Gefühl, es war irgendwie “zu studentisch” oder es gab nicht genug Geld oder irgendwie so. Er hat sich dann später geärgert, weil der Film war auf 20 Festivals und gewann sogar einen Preis in New York. Aber, das war alles nachgeordnet. Dieses gemeinsam an einem Thema arbeiten, ein sinnerfülltes Arbeiten, vielleicht auch eine Arbeit an einem Thema, was eine gesellschaftliche Relevanz hat, das hat nicht nur mich besonders beeindruckt, sondern auch die anderen in dem Filmteam. Das war fast acht Jahre her.

Im Kunstmarkt selber ist die Lehre ein bisschen verpönt. Für mich ist die Lehre ein wichtiger Teil auch des künstlerischen Schaffens. Also gestern z. B., wo ihr, das Filmteam kurz da war, aus der östlichen Sicht auch auf die Szene, die kennt ja gar nicht die ostdeutsche, sondern eher die russische Sicht. Dann war dabei eine Italienerin, die guckt ja wieder ganz anders drauf. Die haben auch Kommunismus und die ganze Zeit mit Mussolini ganz anders erlebt. Und wir haben einen dabei, der auch nicht aus dem Osten stammte: Tim, der da die Panzerketten putzte. Der spricht mit mir auch darüber. Für den war das komplett neu. Der wusste gar nichts über Womacka und so weiter. Und in diesem Gespräch kommt man einfach bestimmten Dingen näher. Ich wollte sagen, für mich ist Lehre ein Begegnen auf Augenhöhe. Egal ob man jetzt älter ist oder von manchen Dingen mehr weiß. Aber ich glaub, die jungen Leute wissen auch viele Dinge, die wir Älteren übersehen haben, wo wir in unserem Trott drin sind. Wir brauchen ständig diesen Brechung und Reflexion.

Und wenn man das so begreift, finde ich, kann Lehre für beide Seiten was Tolles sein und auch für die Zukunft irgendwas bedeuten – für junge sowie ältere Leute.

Gibt es beruflich etwas an dem du fast verzweifelt wärst?
Eigentlich an jedem Bild. Also jedes Bild ist erst mal Verzweiflung. Das hat ja einen Grund sozusagen, weshalb man das Bild macht. Dann ist man aber in der Realität, die Dreidimensionale, die die vierte Dimension, Zeit, hat, in der man das erlebt. Und dann sitzt man heute vom Rechner oder guckt dann eben die Kontaktbögen an und hat zwei Dimensionen. Und die Farben sind aus Millionen und Aber Million auch weniger geworden. Da gibts immer irgendwie so eine Enttäuschung. Deshalb bin ich ein Mensch, der braucht die anderen, die Kollegen, um bestimmte Dinge immer wieder gegenzuprüfen. Wenn ich merke “Ah, das ist cool, die lachen.” Oder die erkennen irgendwas, was sie so noch nicht gesehen haben, dann entsteht wieder so langsam ein Zutrauen und dann ist wieder so ein Bild geboren. Bei manchen Bildern brauch ich ein halbes Jahr, bis ich dem Bild auch vertraue. Manchmal sieht man es gleich, aber oft dauerts lange.

Welche Entwicklung in deinem Bereich fasziniert dich besonders?
Also ich fahre ja viel zu Dokumentarfilmfestivals und die Frage nach der Wahrheit sozusagen, war im Symposium beim Dokumentarfilmfestival in Leipzig. Also inwiefern hat der Filmemacher irgendwie Zugang zur Wahrheit oder ist es wahr, was wir überhaupt machen können? Auch als Dokumentarfilmer? Also, sehr mutige Leute gibts. Das hat mich inspiriert. Und ich muss sagen, der Film über Snowden, das fand ich auch toll. Das war jetzt von der Aufnahme her, von dem Bild her, war das alles nicht so toll. Aber, dass man authentisch den Moment hat, wie so ein Whistleblower, da plötzlich in einem Hongkonger Hotel alles offen legt, was er weiß als junger Mensch wohl wissend, dass er möglicherweise nie wieder frei auf der Straße rumlaufen kann ohne erschossen zu werden oder gekidnappt zu werden. Das fand ich sehr mutig. Und auch von der Kamerafrau sehr mutig. Sie lebt übrigens im Prenzlauer Berg, die Amerikanerin, weil sie nicht nach Amerika, in das “freieste Land der Welt”, zurückreisen kann. 

Ein paar Worte an zukünftige Fotograf_innen und Filmemacher_innen:
Also wirklich, ich glaube, das Geheimnis liegt in der Arbeit. Da bin ich nicht der Einzige, der das sagt. Wenig Eitelkeit und Arroganz. Wir haben ja den Vorteil; wir können uns manchmal mit Millionen Leuten gleichzeitig unterhalten. Wenn ein Foto gedruckt wird und das sehen Millionen Leute, das kommt ja vor in Tageszeitungen, deswegen sind die auch nichts Besonderes. Ich seh mich immer wie ein Auge der Gesellschaft. Was ich bin, ist ja auch ein Produkt der Gesellschaft. Ich hab ja nicht alles alleine geleistet. Leute haben mich ausgebildet, waren in der Schule mit mir, haben mir die Augen geöffnet und so weiter. Standen an der Seite. Pate. Mein Cousin, z. B. hat gesagt: “Wenn du zum Militär länger gehst als anderthalb Jahre, red ich kein Wort mehr mit dir.” Ich wäre länger gegangen. Also man braucht diese Leute. Hört aufmerksam zu, wenn euch jemand was sagt, und seid uneitel. Und vielleicht, das habe ich erst gemerkt, als ich ein bisschen älter war, die Bilder können natürlich meiner Meinung nach was bewirken. Also seid euch dessen bewusst und setzt die Bilder für Dinge ein, dass sie nicht einfach nur l’art pour l’art sind. Das ist so ein bisschen mein Problem mit der heutigen Kunstszene. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass manche Kunsthäuser, große, weiße, Kirchen ähnliche Gebäude, dastehen und dadurch, dass Bilder groß und teuer sind, wird den gehuldigt, aber die eigentliche Information noch gar nicht zu sehen ist, die wir brauchen. Ich gehe sehr mit dem Denken von Oliviero Toscani mit, der sagt, wir bedrucken Quadratkilometer von Papieren mit Nonsens. Und das ist meiner Meinung nach in der Kunst auch so. Es gibt ganz viele wichtige Themen, die wir schnell ändern müssen, weil sonst gibts uns hier nicht mehr. Und das kann auch ein Teil der Kunst sein. Vielleicht kann man sich ja auch mehreren Themen widmen, der Tag hat ja wie gesagt, 24 Stunden.

 Berlin, Mai 2020

Mein Name ist Matthias Leupold. Bin geboren in Berlin Ost, 15 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Also jetzt merkt man erst mal wenn man 60 ist, wie dicht das eigentlich hinterher war. Eigentlich fast noch Nachkriegszeit. Dort bin ich dann einen normalen Lebensweg durchlaufen: Pionierorganisation, FDJ, GST - solche Sachen. Bin mehrfach verhaftet worden, dann Anfang der 80er, weil ich einen Freund ein bisschen gedeckt hatte, der in den Westen abhauen wollte. Wie auch immer.

Ich kenne Hohenschönhausen, die Stasi Gedenkstätte, als Gefängnis von innen, als Insasse. Hatte mich dann immer noch nicht entschließen können das Land zu wechseln, aber ‘86, nach mehreren Ausstellungsschließungen vom Bauhaus Dessau und auch in der Hochschule der Bildenden Künste Dresden, stand mein Entschluss fest meinen Freunden zu folgen und nach Westberlin zu gehen.

Seit 2007 habe ich eine Professur an der heutigen University of Applied Science, damals hieß sie noch Berliner Technische Kunsthochschule. Und ich habe diese Hochschule zusammen gegründet mit Grimmling, einem Maler, Khazaeli, einem Typograph und Designer, und einem Kaufmann: Claus Bennefeld.

Ich arbeite seit mehr als 30 Jahren an Fotoinszenierung, auch dokumentarischen Fotos, aber meist an freien Themen. Und habe 2012 im Zusammenhang mit dem Film “Lighter nach Orange” auch eine kleine Filmproduktion, die sich dem engagierten Dokumentarfilm widmet, gegründet: Leupold Film Production Berlin.

Wann war dir klar, dass du Fotograf werden willst?
Ja, zur Fotografie kam ich auf einem merkwürdigen Weg. Hab ja vorhin schon angedeutet, dass ich Anfang der 80er-Jahren für eine gewisse Zeit in Hohenschönhausen im Gefängnis war. Und da gabs dann die Situation: Ich war als Abiturient aus der Sicht der Obrigkeit verpflichtet ein Hochschulstudium zu ergreifen, und da ich ein Hilfsjob hatte, ich war Kraftfahrer in der Redaktion Sybille, einer in der DDR recht bekannten Kultur- und Modezeitschrift, hatte man mir dann vorgeschlagen, das Kollektiv würde sie vielleicht unterstützen.

“Also, sie können Journalist werden, Herr Leupold, oder Fotograf.” Und da hab ich gesagt: “Ja… als Journalist muss ich ja nur schwindeln, also werd ich Fotograf.” Also hatte ich nur die Wahl Fotograf zu werden. So bin ich zu dem Beruf gekommen.

Erinnerst du dich an dein erstes Erlebnis mit Fotografie?
Also irgendwie ist mir so das Szenische ein bisschen in die Wiege gelegt worden. Hier auf dem Foto, was mein Vater in meiner Kindheit geschossen hat, sieht man eine Äsop Fabel, die inszeniert wird mit dem Fuchs und dem Storch. Mit Krepppapier wurden im Garten am Wochenende, dann kleine Geschichten erzählt oder zu Geburtstagsfeiern und so weiter. Und das Foto ist über 50 Jahre alt. Bin ganz froh, dass mein Vater damals ein Dia gemacht hat, dass man überhaupt noch so ein Bild hat.

Ich hatte schon als Kind Zugriff zu den Kameras meines Vaters. Hab z. B. mal aus dem Fenster einen Unfall fotografiert, aus der vierten Etage, wo sich ein Trabant überschlug. Genau vor unserer Tür. Dach fiel ab. Der Fahrer fiel aus dem Auto raus, lag dann schreiend auf der Straße und ich hab dann aus der vierten Etage geknipst. Das war ein Erlebnis.

Dann gabs noch ein weiteres. Als ich in Haft war, wurde bei der Hausdurchsuchung ein Foto gefunden - bei mir, in der Gethsemanestraße 6, wo ich damals wohnte. Und dieses Foto zeigt einen nackten Hintern und auf diesem nackten Hintern war die Titelseite vom Neuen Deutschland, dem Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, also die führende Partei in der DDR. Und da stand drauf “20. Jahrestag des antifaschistischen Schutzwalls”. Da legten die mir das Foto vor und fragten: “Herr Leupold, ist das ihr Hintern?” Ich sag: “Nein, nein.” Gott sei Dank konnte man meine Brille nicht deutlich erkennen - war aber meiner. Das Verhör ging oft und lange. Ich lächle jetzt, aber damals hab ich Blut und Wasser geschwitzt. Da hab ich echt Angst gehabt. Aber später, als ich raus war, hab ich überlegt, wenn die so viel Zeit opfern rauszukriegen was hinter einem Foto steckt, dann muss ja auch eine Macht in so einem Foto stecken. Und das habe ich eigentlich dort im Gefängnis begriffen.

Dafür kann man auch solchen Schicksalsschlägen dann dankbar sein, sonst hätte ich das dann nie mit meinem eigenen Körper und meinem eigenen Empfinden wahrgenommen. Auch mit der Angst kann man Sachen verstehen, die man mit Reden nicht verstehen kann.

Weswegen befandest du dich damals in Haft?
Ich stand unter dem Verdacht, ein Drahtzieher zu sein für die Menschenhändler-Bande Fürch. Es gab mehrere, aber zwei große. Fürch war einer von den Großen aus Hamburg. Und mein Jugendfreund Jürgen Diener, der heute auch in Hamburg lebt, wollte zu seinem Bruder, der früher geflüchtet war über die Türkei mit dem Paddelboot, wollte mein Freund Jürgen das auch. Und ich hatte ihm bisschen Geld gegeben. Ich hab ihn mit dem Auto bis nach Bulgarien gefahren. Wir haben ein Schlauchboot zusammen gekauft, mit dem er dann bei Neumond paddeln wollte und so weiter. Das hat dann alles nicht geklappt, weil wir keine Paddel gekriegt haben in Bulgarien. Was eben alles dann passiert – die Story ist dann lang. Und am Ende ist er dann mit dieser Menschenhändler-Bande Fürch, bezahlt von seinem Bruder, 20.000 D-Mark, über die B5 nach Hamburg gefahren und in Zarretin ist er sozusagen rausgeholt worden. Heute wissen wir, dass der eigene Vater von Jürgen die Wohnung von ihm hatte abhören lassen. Der war in der Partei-Kontrollkommission ein hohes Tier, das heißt, alle Gespräche, die wir in seiner Wohnung führten, waren abgehört worden. Jürgen wurde dann gefragt: “Gibts Mitwisser?” Und da hatte er dann meinen Namen genannt, aber das wussten die dann sowieso, weil es abgehört war. Dadurch wurde ich verhaftet. In der Redaktion Sibylle kamen dann morgens Leute, haben mich mit verbundenen Augen erst mal in die Magdalenenstraße gefahren und eine Nacht verhört. Dann wieder im geschlossenen Fahrzeug nach Hohenschönhausen – ich wusste nicht mehr, wo ich war.

Da hat man kein gutes Gefühl, weil du weißt ja nicht mal wo du bist. Das Gefühl hattest du im Leben wahrscheinlich noch nie. Ich hab mal versucht da unten rauszugucken aus der Augenbinde, das ist mir nicht geglückt. Und die sind so oft im Kreis gefahren, drei Stunden, wirklich lange. Ich wusste nicht mehr, wo ich war, obwohl ich die Stadt gut kannte, weil ich viel Motorrad gefahren bin. Aber, na ja, man hat schon große Angst. Es gab keinen Anwalt, keinen Kontakt zu den Eltern, nicht Telefonieren und acht Tage Einzelhaft. Aber, was wieder toll ist an so was, kann man eben nicht ohne Zwang nachmachen. Ich hatte kurz vorher den Roman von Erich Maria Remarque gelesen “Die Nacht von Lissabon”. Das war so eine Romanzeit, den hatte ich mir grad gekauft. Ich konnte dann so am vierten oder fünften Tag, weil so ein 24 Stunden Tag ohne reden, ohne jemanden zu sehen, mir wortwörtlich den Roman selbst vorlesen. Habe ihn mir ungefähr vier Mal vorgelesen in den Folgetagen. Konnte mich an jede Zeile erinnern, vielleicht war mal ein Absatz nicht ganz richtig, aber ich konnte mir quasi so die Zeit vertreiben. Das war wie Fernsehen im Kopf.

Was waren deine ersten Aufträge?
Also dadurch, dass ich als Kraftfahrer dort, bei Sibylle, über fünf Jahre gearbeitet habe, kannte ich sehr viele Fotografen, die in der DDR auch bekannt waren und bis heute bekannt sind und auch die fotografische Szene geprägt haben, wie Arno Fischer, Sibylle Bergemann die Familie Maler, Ulrich Wüst. Sozusagen wirklich, vielleicht alle namhaften Leute, habe ich zumindest mal persönlich gesehen. Die Malers haben mich auch sehr unterstützt, da war ich auch mal Praktikant bei denen. Und die haben mir auch einen Stempel ins SV Buch gedrückt, damit ich nicht als asozial gelte. Weil man ja arbeiten musste in der DDR. Das heißt, man durfte nicht, man konnte nicht, man musste. Das kann man sich heute gar nicht vorstellen.

Ja, dann waren meine ersten Aufträge tatsächlich auch für die Sibylle. In der Kongresshalle am Haus des Lehrers habe ich einen Mode-Kongress mit fotografiert und erste Mode Aufträge gehabt. Und so. Aber mit meiner ersten Kamera, die ich gekauft habe, Unter den Linden Ecke Friedrichstraße, mit Kredit, da habe ich eigentlich gleich angefangen zu inszenieren. Also meine ersten Sachen waren eigentlich keine Aufträge. Meine ersten Arbeiten waren eigentlich schon freie Arbeiten.

Welche Unterschiede gab es in deinem Beruf zwischen Ost und West?
Also ‘86 bin ich im Oktober in den Westen nicht wissend, dass ‘89 die Mauer fallen wird. Das ist ein harter Schnitt, weil ich die Familie verlassen hab, und das war dann auch eine Trennung für die Familie eigentlich für immer. Die berufliche Situation war für mich viel einfacher. Gleich von Anfang an. Ich habe mich ein einziges Mal um einen Studienplatz beworben und hab den sofort bekommen. Ich hatte ja auch schon einige Ausstellungen z. B. im Jugendklub Schaufenster in der Chausseestraße gehabt und kam mit einer Mappe brauchbarer Fotografien, die später im Museum of Modern Arts vorlagen. Damit hab ich mich beworben fürs erste Semester.

Dann habe ich auch Teile dieser Mappe schon verkaufen können, an die Berlinische Galerie. Also es war plötzlich eine ganz andere Wahrnehmung meiner Arbeit und es war dann sogar so, dass Janosch Frikot, der Begründer der fotografischen Sammlung der Berlinischen Galerie mich fragte: “Was machen Sie denn eigentlich da an der Hochschule der Künste? Was unterrichten Sie denn?” Ich war aber im zweiten Semester und dadurch entstand bei mir der Wunsch vielleicht auch mal eine Professur kriegen. Und er dachte ich, hätte eine. Das ist Wahnsinn.

Dein bisher stärkster Moment im Job?
Na ja, einer der stärksten Momente war vielleicht tatsächlich für mich an diese Reise mit einem Filmteam, was aus acht Leuten bestand, von Nordvietnam nach Südvietnam, in Zusammenhang mit dem Film “Lighter than Orange”. Armin Dierolf und Manja Ebert waren eigentlich die einzigen Profi-Filmleute. Der Regisseur, der hatte leider kurzfristig vorher abgesagt. Er war eigentlich ein Freund von meinem Vater und hatte das Gefühl, es war irgendwie “zu studentisch” oder es gab nicht genug Geld oder irgendwie so. Er hat sich dann später geärgert, weil der Film war auf 20 Festivals und gewann sogar einen Preis in New York. Aber, das war alles nachgeordnet. Dieses gemeinsam an einem Thema arbeiten, ein sinnerfülltes Arbeiten, vielleicht auch eine Arbeit an einem Thema, was eine gesellschaftliche Relevanz hat, das hat nicht nur mich besonders beeindruckt, sondern auch die anderen in dem Filmteam. Das war fast acht Jahre her.

Im Kunstmarkt selber ist die Lehre ein bisschen verpönt. Für mich ist die Lehre ein wichtiger Teil auch des künstlerischen Schaffens. Also gestern z. B., wo ihr, das Filmteam kurz da war, aus der östlichen Sicht auch auf die Szene, die kennt ja gar nicht die ostdeutsche, sondern eher die russische Sicht. Dann war dabei eine Italienerin, die guckt ja wieder ganz anders drauf. Die haben auch Kommunismus und die ganze Zeit mit Mussolini ganz anders erlebt. Und wir haben einen dabei, der auch nicht aus dem Osten stammte: Tim, der da die Panzerketten putzte. Der spricht mit mir auch darüber. Für den war das komplett neu. Der wusste gar nichts über Womacka und so weiter. Und in diesem Gespräch kommt man einfach bestimmten Dingen näher. Ich wollte sagen, für mich ist Lehre ein Begegnen auf Augenhöhe. Egal ob man jetzt älter ist oder von manchen Dingen mehr weiß. Aber ich glaub, die jungen Leute wissen auch viele Dinge, die wir Älteren übersehen haben, wo wir in unserem Trott drin sind. Wir brauchen ständig diesen Brechung und Reflexion.

Und wenn man das so begreift, finde ich, kann Lehre für beide Seiten was Tolles sein und auch für die Zukunft irgendwas bedeuten – für junge sowie ältere Leute.

Gibt es beruflich etwas an dem du fast verzweifelt wärst?
Eigentlich an jedem Bild. Also jedes Bild ist erst mal Verzweiflung. Das hat ja einen Grund sozusagen, weshalb man das Bild macht. Dann ist man aber in der Realität, die Dreidimensionale, die die vierte Dimension, Zeit, hat, in der man das erlebt. Und dann sitzt man heute vom Rechner oder guckt dann eben die Kontaktbögen an und hat zwei Dimensionen. Und die Farben sind aus Millionen und Aber Million auch weniger geworden. Da gibts immer irgendwie so eine Enttäuschung. Deshalb bin ich ein Mensch, der braucht die anderen, die Kollegen, um bestimmte Dinge immer wieder gegenzuprüfen. Wenn ich merke “Ah, das ist cool, die lachen.” Oder die erkennen irgendwas, was sie so noch nicht gesehen haben, dann entsteht wieder so langsam ein Zutrauen und dann ist wieder so ein Bild geboren. Bei manchen Bildern brauch ich ein halbes Jahr, bis ich dem Bild auch vertraue. Manchmal sieht man es gleich, aber oft dauerts lange.

Welche Entwicklung in deinem Bereich fasziniert dich besonders?
Also ich fahre ja viel zu Dokumentarfilmfestivals und die Frage nach der Wahrheit sozusagen, war im Symposium beim Dokumentarfilmfestival in Leipzig. Also inwiefern hat der Filmemacher irgendwie Zugang zur Wahrheit oder ist es wahr, was wir überhaupt machen können? Auch als Dokumentarfilmer? Also, sehr mutige Leute gibts. Das hat mich inspiriert. Und ich muss sagen, der Film über Snowden, das fand ich auch toll. Das war jetzt von der Aufnahme her, von dem Bild her, war das alles nicht so toll. Aber, dass man authentisch den Moment hat, wie so ein Whistleblower, da plötzlich in einem Hongkonger Hotel alles offen legt, was er weiß als junger Mensch wohl wissend, dass er möglicherweise nie wieder frei auf der Straße rumlaufen kann ohne erschossen zu werden oder gekidnappt zu werden. Das fand ich sehr mutig. Und auch von der Kamerafrau sehr mutig. Sie lebt übrigens im Prenzlauer Berg, die Amerikanerin, weil sie nicht nach Amerika, in das “freieste Land der Welt”, zurückreisen kann. 

Ein paar Worte an zukünftige Fotograf_innen und Filmemacher_innen:
Also wirklich, ich glaube, das Geheimnis liegt in der Arbeit. Da bin ich nicht der Einzige, der das sagt. Wenig Eitelkeit und Arroganz. Wir haben ja den Vorteil; wir können uns manchmal mit Millionen Leuten gleichzeitig unterhalten. Wenn ein Foto gedruckt wird und das sehen Millionen Leute, das kommt ja vor in Tageszeitungen, deswegen sind die auch nichts Besonderes. Ich seh mich immer wie ein Auge der Gesellschaft. Was ich bin, ist ja auch ein Produkt der Gesellschaft. Ich hab ja nicht alles alleine geleistet. Leute haben mich ausgebildet, waren in der Schule mit mir, haben mir die Augen geöffnet und so weiter. Standen an der Seite. Pate. Mein Cousin, z. B. hat gesagt: “Wenn du zum Militär länger gehst als anderthalb Jahre, red ich kein Wort mehr mit dir.” Ich wäre länger gegangen. Also man braucht diese Leute. Hört aufmerksam zu, wenn euch jemand was sagt, und seid uneitel. Und vielleicht, das habe ich erst gemerkt, als ich ein bisschen älter war, die Bilder können natürlich meiner Meinung nach was bewirken. Also seid euch dessen bewusst und setzt die Bilder für Dinge ein, dass sie nicht einfach nur l’art pour l’art sind. Das ist so ein bisschen mein Problem mit der heutigen Kunstszene. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass manche Kunsthäuser, große, weiße, Kirchen ähnliche Gebäude, dastehen und dadurch, dass Bilder groß und teuer sind, wird den gehuldigt, aber die eigentliche Information noch gar nicht zu sehen ist, die wir brauchen. Ich gehe sehr mit dem Denken von Oliviero Toscani mit, der sagt, wir bedrucken Quadratkilometer von Papieren mit Nonsens. Und das ist meiner Meinung nach in der Kunst auch so. Es gibt ganz viele wichtige Themen, die wir schnell ändern müssen, weil sonst gibts uns hier nicht mehr. Und das kann auch ein Teil der Kunst sein. Vielleicht kann man sich ja auch mehreren Themen widmen, der Tag hat ja wie gesagt, 24 Stunden.

 Berlin, Mai 2020

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